Die Androidenfrau kommt, der Mann verschwindet – „The Machine“ (2013)

Die Stärke des Films „The Machine“ liegt darin, dass er trotz des holprigen Plots und trotz der deutlich beschränkten finanziellen Mittel eine ganze Menge Atmosphäre erzeugt. Besonders den gekonnten Einsatz von Licht und Klang möchte ich hier loben. Spannend ist der Film zumindest im ersten Drittel, denn hier wissen wir noch nicht, wo es langgeht, und wir dürfen uns sogar fragen, was Wirklichkeit ist und was Illusion, was eine meiner persönlichen Lieblingsbeschäftigungen als Zuschauer ist.

Schön ist, dass die Frage nach dem Wirklichkeitsgrad mit visuellen Mitteln gestellt wird, also nicht mit Hilfe von Dialogen. Das passiert nämlich, wenn wir – möglicherweise – Einblick in den Kopf der Hauptfigur Vincent bekommen. Wir sehen verwirrende, schnelle Bilderfolgen, die Vincent scheinbar durch den Kopf gehen. Wir finden ihn, beinahe wie den unbewussten Schlafwandler in Fight Club, in Situationen, in denen er gerade erst erwacht – hat er geträumt? Träumt er jetzt? Das macht der Film nicht revolutionär, fügt aber eine interessante Ebene hinzu. Denn alles, was Vincent tut, scheint motiviert zu sein von diesen Bildern und den Emotionen, die sie auslösen. Damit wird, jedenfalls zu Anfang, alles, was passiert, mit zusätzlicher Bedeutung aufgeladen.

In dem Moment aber, in dem „Eva“, die Maschine mit der Persönlichkeit eines Menschen, erwacht und zur Hauptfigur wird, verliert sich diese Ambivalenz der Wahrnehmung in einer zunehmend unglaubwürdiger werdenden und vor allem langweiligen Erzählung. Wir sind mitten in RoboCop: Böse Männer wollen irgendwie eine schlimme Waffe konstruieren, und namenlose, maskierte Soldaten ballern blindwütig mit Maschinengewehren herum. Unsere neue Heldin mittendrin, mit unkalkulierbaren Superkräften.

Mit dem Erwachen von „Eva“ sind wir gleichzeitig in Battlestar Galactica bzw. dessen Ableger Caprica und werden wie dort Zeuge der Geburt einer neuen Lebensform, nämlich von Androiden. Auch ein schönes Thema. Allerdings erklärt man uns die Umstände dieser Urszene im Gegensatz zu beiden Serien aber nicht näher. Der Film tut meines Erachtens nur so, als sei die gerade neu erwachte Identität „Eva“ und die Implikationen, die das mit sich bringt, das Hauptthema. In Wirklichkeit geht es um Geballer und um die Frage, wer am Ende überlebt.

Im gleichen Moment wird auch Vincent, eine bis dahin interessante Figur, sozusagen ausgelöscht, nämlich zum bloßen Statisten degradiert. Aus ist es mit den Bilderflashs und der bedrohlichen Atmosphäre. Vielleicht natürlich kann ich, being a man and all, nicht ertragen, dass eine Androidenfrau mit Superkräften dem Helden die Show stiehlt; diese Möglichkeit müssen wir immer in Betracht ziehen. Hier findet ja auch ein Machtwechsel statt, der sich als weibliches Empowering oder in gewisser Hinsicht auch als Rape Revenge deuten lässt (denn freiwillig geschieht Evas Empfängnis nicht).

Ich fand schon die meisten weiblichen Androiden in Battlestar Galactica nicht so interessant wie die männlichen. Ich hoffe, dass sie mir sozusagen genderneutral als Figuren zu oberflächlich waren, dass es also die Schuld der Drehbuchautoren war. Es gibt aber immer die Möglichkeit, dass ich das einfach nur so sehen will, damit das Patriarchat bestehen bleibt. Für den Fall, dass wir hier auf einen blinden Fleck gestoßen sind, kann mir jemand mit einer geeigneteren Perspektive vielleicht bei Gelegenheit erklären, was an „Eva“, der weiblichen Supermaschine mit Herz, interessant ist, und ich denke in der Zwischenzeit noch etwas intensiver über meine Sozialisation nach.

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