Männer im Garten – „Männertreu“ (2014)

Die TV Spielfilm versprach, der neueste Mittwochsfilm im Ersten, „Männertreu“, sei eine „Ätzattacke“ auf die Doppelmoral in der Welt der Oberen. Da ich Ätzattacken vom Prinzip her mag, habe ich mir den Film angeschaut und wurde bitter enttäuscht.

Worum ging es? Ein selbstverliebter Publizist (Matthias Brandt) geht erfolgreich durch die Welt. Er soll doch Bundespräsident werden, sagt die Kanzlerin. Macht er gern. Die Heterofrauen scheinen ihn zu mögen, warum nicht auch der Rest der Nation?

Der Publizist seinerseits liebt die Frauen, darunter auch seine eigene (Susanne de Borzody). Eine der jüngeren Eroberungen regt sich aber so auf über ihn, dass sie im Wahn vor ein fahrendes Auto läuft. Das ist natürlich nicht gut. Der Publizist ruft in dieser Notlage seine Frau an, die, wie wir feststellen, über alles bescheid weiß. Sie wird praktisch zu seiner Krisenmanagerin. Sie ist sehr abgebrüht. Ist das schon die ätzende Attacke? Sollen wir sehen, dass eine öffentlich harmonische Ehe in Wahrheit eine Farce sein kann?

Die Krise geht durch die Medien, einige weitere Akteure – PR-Manager, Moderatorinnen – werden im Verlauf der Affäre als genau so unsympathisch wie die Hauptfigur gezeigt. Ist das vielleicht die ätzende Attacke? Sehen wir hier, dass die Medien nicht immer objektiv sind?

Oder ist es schon die ätzende Attacke, dass der Film seine Hauptfigur zum Herausgeber einer Frankfurter Zeitung macht, die ihren Namen in Fraktur schreibt? Sehen wir hier, dass an der Spitze einer angesehenen Zeitung auch ein Hallodri stehen kann? (Allerdings findet der Kritiker der FAZ den Film gut, insofern scheint man sich dort nicht besonders angegriffen zu fühlen.)

Der größte Skandal ist am Ende, dass der Publizist auch seine Schwiegertochter vögelt. Was macht der Sohn, der es als letzer erfährt? Er klebt dem Vater eine und fügt sich ansonsten. Handelt es sich hier vielleicht um die ätzende Attacke? Sehen wir hier, dass es Familien gibt, in denen Väter ihre Söhne so sehr verachten, dass sie ihnen die Frau ausspannen? Sehen wir hier die Schwäche der zweifelnden Folgegeneration, die netteren, aber unmännlichen Vertreter des Geschlechts?

Der Publizist findet am Ende des ganzen Theaters sozusagen wieder zu sich selbst und implodiert öffentlich: Lieber wolle er weitermachen wie bisher, sagt er, als Präsident zu werden. Auch seine Zeitung solle von ihm aus ein anderer machen. Und Atheist sei er auch noch. Bei so viel Rückgrat machen die Medienvertreter ganz schön lange Gesichter. Die Ehefrau dagegen findet ihre Bewunderung für ihren Mann wieder. Ist das die ätzende Attacke? Sehen wir hier, dass wir alle uns wünschen, einer würde mal sagen, was Sache ist?

Am Ende sehen wir, wie der Publizist vor den Augen seiner Frau seine neue, junge Gärtnerin anbaggert. Ist das die ätzende Attacke? Sehen wir hier, dass es in der Welt der Oberen Männer gibt, die nicht lernfähig sind?

Ich begreife das alles nicht. Ich begreife noch nicht mal den Titel: er bezeichnet eine Blumenart. Wikipedia sagt mir dazu Folgendes: „In gemäßigten Gebieten sind Männertreu-Sorten beliebte Zierpflanzen für Gärten und Balkone.“ Ist der Titel, in seiner Referenz auf eine offenbar recht harmlose Pflanze, irgendwie ironisch gemeint und insofern vielleicht ein ätzender Angriff? Sagt er, dass Männer eigentlich in den Garten oder auf den Balkon gehören?

Ich mache mal Schluss und sage: Dieser Film verhält sich genau so unaufrichtig und gemein wie seine Hauptfigur. Er flirtet mit allen möglichen Motiven und verspricht Millionen Zuschauern alles Mögliche. Am Ende, sobald er seinen Spaß gehabt hat, ist er vorbei und sagt: Ich will jetzt doch lieber kein Film sein.

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